Videokonferenz am 23. April 2020
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Unsere Videokonferenz begann mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung: Wir hatten eine Uhrzeit ausgemacht, aber dabei die Zeitverschiebung nicht bedacht…
Das führte uns sehr anschaulich vor Augen, dass wir uns offenbar alle noch ein bisschen an die Kommunikation über Kultur- und Ländergrenzen hinweg gewöhnen müssen. Es zeigte uns aber auch, dass sich mit Geduld alles lösen lässt. Und glücklicherweise blieb es das einzige Problem an diesem Nachmittag – wenn man es denn überhaupt so nennen will.
Die Unterhaltung lief nämlich dann – wenn man mal absieht von den leichten Verzögerungen und dem gelegentlichen Ruckeln, die die Videotechnik so mit sich bringt – völlig reibungslos.
Die Atmosphäre war geprägt von der Offenheit und dem Vertrauen, die sich im letzten Jahr bereits entwickelt hatten und die schon vielfach gestärkt worden waren: durch den Besuch einer Delegation aus Brühl in Battir und Umgebung, durch den ersten Besuch einer Delegation aus Battir in Brühl im September des vergangenen Jahres, durch eine Videoschaltung im Rahmen des Café Palästina am 15. Februar dieses Jahres und durch zahlreiche private Kontakte, die seither zwischen den Mitgliedern des Arbeitskreises und einigen Personen in Battir entstanden sind rege gepflegt werden.
Teilnehmer der Videokonferenz waren auf Seiten Battirs Bürgermeister Tayseer Qatoush sowie Mariam Mammar und ihre Kollegin Alaa Abdl Wahab, beide Ratsmitglieder in Battir. Diese drei hatten uns auch im September besucht. In Brühl nahmen Bürgermeister Dieter Freytag, Roland Mohlberg und Alina Schwalb von der Stadtverwaltung teil; der Arbeitskreis war durch Almut Zimmermann, Khaled Al-Shomali und Eman Abusaada vertreten.
Wie in vielen Gesprächen, die zur Zeit geführt werden, nahm auch bei unserem Austausch die Corona-Krise einen breiten Raum ein. Beide Seiten wollten wissen, wie die jeweils andere damit umgeht.
Dieter Freytag erläuterte kurz das Vorgehen auf Regierungsebene in Deutschland und schilderte die Situation in Brühl:
Schließung von Schulen und Kindergärten, Schließung des Rathauses für Besucher, Schließung von Geschäften mit Ausnahme der Lebensmittelläden, von Kinos und Sporthallen, Absage aller kulturellen Veranstaltungen usw. Kurz berichtete er auch über den vorgesehenen Beginn einer schrittweisen Lockerung der Sperren in den verschiedenen Einrichtungen und die Einführung der Maskenpflicht. Zuletzt stellte er die Zahlen der Menschen vor, die in Brühl betroffen, mit dem Virus infiziert oder sogar daran gestorben sind.
Anschließend stellte sein Kollege Tayseer Qatoush die Situation in Battir vor:
Im Ort selbst gibt es bisher keine Corona-Fälle. Allerdings ist Bethlehem auf Geheiß des dortigen Gouverneurs zur Zeit abgeriegelt, nachdem viele Personen, die in einem Hotel arbeiteten, von Touristen infiziert worden waren. Das hat leider auch für Battir sehr schwerwiegende Folgen. Denn viele Bewohner der Stadt arbeiten in Bethlehem und müssen nun zu Hause bleiben. Damit haben sie ihre Einkommensquelle verloren und sind im Augenblick nicht in der Lage, ihre Familien selbst mit dem Nötigsten zu versorgen. Aber der Ort hat eine enorme Solidaritätsarbeit geleistet: Die Gemeinde hat eine Spendensammlung organisiert, um diese Familien zu unterstützen.
Wir erfuhren dann auch noch etwas über den ganz persönlichen Einsatz Mariams in der Corona-Situation:
Als Bibliothekarin der Stadt arbeitet sie unter anderem viel mit Kindern; auf dieser Homepage kann man sich dazu einige Bilder ansehen. Almut Zimmermann nahm hier die Gelegenheit wahr, sich bei ihr für die Wandbilder zu bedanken, die in Battir durch Jugendliche und Kinder mit ihrer Hilfe entstanden sind. In der besonderen Corona-Lage, die derzeit herrscht und in der natürlich auch in Battir die Kinder von manchen Einschränkungen betroffen sind, organisiert Mariam Online-Lesezeiten für sie und führt Leseausflüge in die Natur durch. Das hilft den Kindern, mit der schwierigen Situation umzugehen, und auch die Familien freuen sich natürlich sehr über diese Angebote.
Eman schilderte schließlich noch, wie sich die Corona-Krise auf die Aktivitäten des Arbeitskreises auswirkt. Sie erzählte von unserem ersten online-Treffen und von dem Plan, unseren Austausch und unsere Beratungen vorerst auf diese Weise fortzusetzen.
Außerdem regte sie an, Menschen aus beiden Städten zu bitten, ihre Erfahrungen während der Corona-Krise aufzuschreiben: Wie die Situation ihr Leben beeinflusst, wie sie mit den Kontaktbeschränkungen bzw. der Abriegelung umgehen, was sie als die größten Herausforderungen erleben und welche Lehren man aus dieser Krise ziehen könnte.
Diese Beiträge könnten auf der Website präsentiert werden, die der Arbeitskreis seit Kurzem hat.
Aus den Berichten der beiden Bürgermeister wurde ja bereits deutlich, dass nicht nur alle Menschen – letztlich auf der ganzen Welt – von dieser Krise betroffen sind, sondern dass sich auch der Umgang unserer beiden Städte mit der Krise in manchen Punkten ähnelt. Der Austausch persönlicher Erfahrungen könnte dies noch deutlicher bewusstmachen und das Zusammengehörigkeitsgefühl noch weiter stärken. Außerdem kann man auch voneinander lernen – wir hier in Brühl zum Beispiel von der beeindruckenden Solidaritätsaktion in Battir.
Auch dort wird indes erwartet, dass das Leben sich langsam wieder normalisiert. Die Schulen und Universitäten werden allerdings im Westjordanland bis zum Ende des Semesters geschlossen bleiben, Moscheen und Kirchen bis auf weiteres ebenfalls.
Zuletzt äußerte Bürgermeister Dieter Freytag seinen lebhaften Wunsch, möglichst bald Battir zu besuchen. Und sein dortiger Amtskollege Tayseer Qatoush freut sich schon darauf, ihn und seine Delegation bei sich begrüßen zu können.
Alle Beteiligten äußerten sich sehr zufrieden über den lebhaften Austausch in der Videokonferenz. Er bezeugte nicht nur die grundsätzliche Verbundenheit zwischen Battir und Brühl, sondern ließ auch die Solidarität in dieser schwierigen Zeit spüren.
Ein besonderer Dank gilt Mariam Mammar und Alina Schwalb, die in den beiden Städten sehr engagiert bei der Organisation und Durchführung der Videokonferenz mitgewirkt und so ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass das Vorhaben ein Erfolg wurde.
Brühl, April 2020
Eman Abusaada
Mehrere Konferenzen zwischen den Stadtverwaltungen von Brühl und Battir fanden in den Jahren 2020 und 2021 noch statt, und sie werden weitergeführt. Dabei ging und geht es vor allem darum, das Projekt eines Tourismuszentrums, das von Brühl und der SKEW mitfinanziert wird, voranzutreiben.
Der Arbeitskreis zog sich aus diesen Videokonferenzen zunehmend zurück. Natürlich pflegten wir unsere Kontakte auch weiterhin, aber auf andere Weise: mit WhatsApp, E-Mail und gelegentlichen Telefonaten.
Aber es war uns ein Anliegen, auch den Kontakt "Auge in Auge" weiter zu pflegen; und so "trafen" wir uns per Skype am 16. März zu einem längeren Austausch.
Videokonferenzen auf Arbeitskreisebene
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16. März 2022
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Austausch mit einigen Mitgliedern des neugewählten Stadtrats von Battir
Um die Beziehungen auf der Ebene des Arbeitskreises zu pflegen, ist es uns wichtig, Aktionen durchzuführen, die auch „auf Distanz“ funktionieren sollten: Aktionen, die zu einem bestimmten Thema an beiden Orten durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang wollen wir auch versuchen, weitere Kontakte zwischen Einrichtungen in den beiden Gemeinden zu vermitteln.
Im Einzelnen wurde überlegt:
Wir baten unsere Freundinnen und Freunde auch darum, uns umgehend zu informieren, wenn es wieder – wie zuletzt im März 2022 – zu bedrohlichen Aktionen seitens israelischer Siedler in der Nähe von Battir kommt (siehe dazu hier). Wir wollen dann versuchen, über unsere Politiker Einfluss auf die Verantwortlichen in Israel zu nehmen.
© Gemeinde Battir