Workshop am Samstag, dem 6. Mai 2023
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Die 28 Teilnehmer:innen brachten sehr unterschiedliche Voraussetzungen mit; es war eine breite Palette von zum Teil sehr detailreichen Vorkenntnissen bis zu vergleichsweise geringen. Das große Interesse am Thema, die große Offenheit aller und nicht zuletzt das Engagement der Referentin sorgten dafür, dass alle von der viereinhalbstündigen Veranstaltung profitierten.
Nirit Sommerfeld wird von
Heinz Gierlich begrüßt
Zum Einstieg regte Nirit Sommerfeld die Anwesenden an, sich in kleinen Gruppen ihr Vorwissen und ihre Einstellungen zum "Nahost-Konflikt" bewusst zu machen – auch ihr vermeintliches Wissen: „Was weiß ich, was glaube ich zu wissen? Was höre ich immer wieder, was geht täglich über die Medien – welche Medien? Was geht unüberprüft in mein Bewusstsein?“ Das waren die Leitfragen, mit denen bereits zu Beginn auch das Thema angesprochen wurde, woher das jeweilige Wissen stammt; ein äußerst wichtiger Gesichtspunkt, gerade wenn es um Palästina und Israel geht. Die Stichworte, die dazu gesammelt wurden, füllten eine ganze Tafel und eine Flipchart.
Unter der Überschrift "Jetzt-Zustand in Israel und Palästina" wurde sodann eine Reihe einzelner Aspekte angesprochen: die Frage der Grenzen, die Regierungsform auf beiden Seiten der Trennmauer, Ressourcen und Wirtschaft, Bildungssystem(e) und Sozialwesen, Infrastruktur und Sicherheit (Polizei, Militär), Justiz und Auslandsbeziehungen.
Das Thema Wasser, von besonderer Bedeutung für die gesamte Region, wurde mit Hilfe eines Interviews mit dem Hydrogeologen Clemens Messerschmid aufgerollt (siehe https://www.youtube.com/watch?v=bE5GHfXjv44). Der Fachmann macht deutlich: Die Verteilung des Wassers wird hier geradezu als Waffe eingesetzt. Mit Hilfe einer Schautafel wurde das untermauert; sie zeigt, wie erschreckend ungleich die Verteilung dieser Lebensgrundlage für Palästinenser:innen auf der einen und Israelis - auch jüdische Siedler in der Westbank! - auf der anderen Seite ist; und dass die Menge an Wasser, das Palästinenser:innen zur Verfügung steht, nicht einmal der von der WHO angegebenen Mindestmenge entspricht (siehe https://visualizingpalestine.org/visuals/west-bank-water). Dabei stammt das meiste Wasser in der Region von der Westbank; aber die Palästinenser:innen, die dort leben, dürfen keine Brunnen ohne Genehmigung der Besatzungsmacht bohren – und diese Genehmigung wird in der Regel verweigert. Die Folge: die Palästinenser:innen müssen von der israelischen Besatzungsmacht für viel Geld das Wasser kaufen, das diese Besatzungsmacht aus ihrem – der Palästinenser:innen! – Land abschöpft.
Auch die Geschichte Palästinas und Israels wurde in den Blick genommen – von der ersten Alija (wörtlich: das „Hinaufgehen“ nach "Eretz Israel", also das "Land Israel"; Einwanderung) nach den Pogromen in Russland im Jahre 1882 bis zur Gegenwart. Dabei stellte die Referentin die seit mehr als 75 Jahren andauernde Nakba (= wörtlich „Katastrophe“), also die Vertreibung und Entrechtung der Palästinenser:innen, den hehren Versprechen der israelischen Unabhängigkeitserklärung gegenüber, die David Ben Gurion bei der Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948 verlesen hatte. In ihr war den Palästinenser:innen „volle bürgerliche Gleichberechtigung“ versprochen worden.
Ein kurzer Vergleich der verschiedenen Definitionen des Begriffs „Antisemitismus“ leitete über zu der Frage, welche Informationsquellen es zum Thema Nahostkonflikt gibt. Die am Anfang der Veranstaltung gestellte Frage nach den Medien und Informationskanälen, die die Teilnehmer:innen nutzten, wurde damit aufgegriffen und vertieft. Nirit Sommerfeld gab den Anwesenden eine Fülle von Quellenangaben mit, machte dabei aber auch auf ihre sehr unterschiedliche Zuverlässigkeit aufmerksam.
Natürlich war es auch in viereinhalb Stunden nicht möglich, alle Teilthemen in gleicher Gründlichkeit zu behandeln. Aber die Teilnehmer:innen bekamen einen sehr guten Einblick in die Bedeutung und die Komplexität der verschiedenen Aspekte und es wurde ein lebhaftes Interesse an einer Weiterführung der Veranstaltung und Vertiefung der Auseinandersetzung deutlich.
Die Referentin Nirit Sommerfeld, die selbst mehrfach für einige Zeit in Israel gelebt hat, beeindruckte durch ihr breites Wissen, dessen Vermittlung sie immer wieder durch eigene Erfahrungen und solche ihrer Familie ergänzte und dadurch sehr lebendig gestaltete. Ebenso beeindruckend war ihr leidenschaftliches Plädoyer für die Wahrung der Menschenrechte und den Respekt vor der Menschenwürde in allen Teilen Israels und in den besetzten palästinensischen Gebieten.
Auf Wunsch des Arbeitskreises beendete sie den Workshop mit dem Einspielen ihres Songs Alles Schein, schöner Schein, ist nur Lug und Betrug (https://www.youtube.com/watch?v=mwkNKKKtjEk).
Schon fast zehn Jahre alt, hat dieser Videoclip doch – leider – nichts an Aktualität eingebüßt: Er bringt die prekäre Lage in Palästina und Israel in Wort und Bild auf den Punkt. Er zeigte aber zum Abschluss der Veranstaltung noch einmal das vorbehaltlose Eintreten der Sängerin und Referentin für die Beachtung der humanitären Werte im Umgang mit allen Menschen, die zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan leben.
Alle Bilder: © Klaus Bochem
© Gemeinde Battir